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Blogbeitrag

„Glasfaser kenne ich immer noch nur aus der Werbung“

Markus Beckedahl ist Gründer und kuratorischer Leiter der re:publica, das Festival für die digitale Gesellschaft. Seit über 25 Jahren beobachtet, analysiert und erklärt er, wie das Internet und entscheidende digitaltechnologische Entwicklungen unsere Gesellschaften, kulturellen Praktiken und politischen Entscheidungen prägen. Im Interview spricht er über das Programm der re:publica 2024, über dringende digitalpolitische Themen und darüber, was die Bundesregierung tun muss, um Grundrechte zu schützen.

Die re:publica hat sich in den letzten 15 Jahren von einer kleinen digitalpolitischen Bubble hinein in den Mainstream entwickelt. Wie schafft ihr es, dass Themen wie Datenschutz und Cybersicherheit weiterhin auf der Agenda bleiben und das Interesse der Teilnehmer*innen wecken?

Wir kommen uns manchmal wie bei „Und täglich grüßt das Murmeltier“ vor. Viele Themen einer sich entwickelnden digitalen Gesellschaft sind ja nicht weg, nur weil mal ein Gesetz dazu beschlossen wurde. Debatten wie der Schutz unserer Privatsphäre und wie wir sicher online leben und kommunizieren können, bestimmen weiterhin unser Leben – und unsere Debatten. Wir suchen natürlich jedes Jahr neue aktuelle Aspekte und Fragestellungen, das ist bei den Themen aber kein Problem.

Das Motto der diesjährigen re:publica ist „Who cares?“ – es sollen Fragen und Themen rund um Care-Arbeit im weitesten Sinne diskutiert werden. Welche Themen, Sprecher*innen oder Panels werden dabei für die Informatik-Community am interessantesten sein?

Wir erwarten rund 1000 Sprecher*innen auf über 25 Bühnen an den drei Tagen der re:publica. Eine Auswahl zu treffen ist dabei immer etwas anstrengend und wird der Vielfalt nicht gerecht. Ich freue mich auf die Autorin Jenny Odell, die über Kulturen der Reparatur sprechen wird. Die beiden Correctiv-Journalisten Justus von Daniel und Jean Peters reden über ihre AfD-Geheimplan-Recherchen, die Millionen Menschen auf die Straße mobilisiert haben. Mark Surman, Präsident der Mozilla-Foundation spricht über gemeinwohlorientierte Künstliche Intelligenz, die Journalistin Eva Wolfangel geht der Frage nach, wie es mit allgemeiner Künstlicher Intelligenz aussieht. Andere Vorträge und Diskussionen drehen sich um Überwachungsmaßnahmen oder neue Bildungsansätze.

Auf der re:publica treffen häufig kritische Stimmen aus der Zivilgesellschaft auf – zum Teil hochkarätige – Politiker*innen. Wie wird das von der Community aufgenommen und werden die kritischen Stimmen überhaupt gehört?

Wir freuen uns immer, wenn Spitzenpolitiker*innen sich auf der re:publica auf einen kritischen Diskurs auf Augenhöhe mit einer engagierten Zivilgesellschaft einlassen. Solche Gelegenheiten gibt es zu wenig – und wir sind etwas stolz, dass das bei uns oft möglich wird. Das kommt auch beim Publikum gut an, es gibt ein großes Interesse an solchen Austauschmöglichkeiten.

Welches digitalpolitische Thema muss in deinen Augen in Deutschland am dringendsten angegangen werden?

Wo soll ich anfangen, Glasfaser kenne ich immer noch nur aus der Werbung. Aber drängender ist sicherlich, dass Teile der Bundesregierung und unsere Sicherheitsbehörden immer noch alles unternehmen, um verschlüsselte Kommunikation zu brechen, zum Beispiel mit der Chatkontrolle. Im Namen der Sicherheit wird damit massive IT-Unsicherheit geschaffen. Das ist der vollkommen falsche Weg, um Vertrauen in Kommunikationsinfrastrukturen zu schaffen und Grundrechte zu schützen.

Das vollständige Programm der re:publica 2024 gibt es hier.

Die re:publica 24 findet vom 27.-29. Mai 2024 in der STATION Berlin statt. Das Festival für die digitale Gesellschaft steht in diesem Jahr unter dem Motto „Who cares?“.

Alle GI-Mitglieder haben die Möglichkeit ein vergünstigtes Ticket für die re:publica 2024 zu erwerben. Der Code wurde am 26. März 2024 über das Mitglieder-Mailing versendet. Zum Ticket-Shop geht’s hier: https://re-publica.com/de/tickets

Das Interview ist Teil der Kooperationspartnerschaft mit der re:publica.

 

Markus Beckedahl, Gründer der re:publica, auf einer Bühne.
Markus Beckedahl, Gründer der re:publica. Copyright: Jan Zappner/re:publica