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Fachartikel

Der Datenschutz in Deutschland hat ein Imageproblem

Die unzureichende Erläuterung der Datenschutzgrundverordnung durch die Bundesregierung hat die Verunsicherung auf die Spitze getrieben. Influencer wie Thomas Knüwer (Indiskretion Ehrensache) und Sascha Lobo (Debatten-Podcast) setzten sich ausführlich mit den Unzulänglichkeiten auseinander. Anfang des Monats hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun entschieden, dass fortan Betreiber von Facebook-Seiten für mögliche Datenschutzverstöße von Facebook haftbar gemacht werden können. Und wieder ist die Aufregung groß (Spiegel).

Was fehlt? Aufklärung. Die Betreiber von Facebook-Seiten sollten nicht in Panik verfallen, sagt der Jurist Thomas Schwenke. Zum einen würden die Datenschutzbehörden zunächst die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) abwarten (heise). Zum anderen seien die Aufsichtsbehörden an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebunden; sie würden wohl kaum gegen jeden Facebook-Seitenbetreiber vorgehen.

Beim Datenschutz bedarf es einer Sensibilisierung in der Fläche: Angesichts des EuGH-Urteils hat die Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder Anforderungen formuliert, die von den Betreibern von Fanpages und von Facebook umzusetzen sind. Demnach müssen Besucher von Facebook-Fanpages transparent und in verständlicher Form darüber informiert werden, welche Daten zu welchen Zwecken durch Facebook und die Fanpage-Betreiber verarbeitet werden. 

Laut Marit Hansen vom ULD soll vor allem der Druck auf Facebook erhöht werden: „Facebook behauptet von sich selbst, das Angebot sei datenschutzkonform. Dann sollte es doch ein Leichtes sein, dass unverzüglich die nötigen Maßnahmen getroffen werden, damit sowohl Facebook als auch die Facebook-Fanpage-Betreiber ihrer Verantwortung nachkommen. Facebook muss endlich Butter bei die Fische tun“ (ULD). Wir werden im Rahmen der GI-Jahrestagung mit ihr auch über dieses Thema diskutieren (informatik2018.de). Auch wir fordern, dass Facebook seiner Verantwortung gerecht wird und einen datenschutzfreundlichen Betrieb von Fanseiten ermöglicht (GI-Pressemitteilung).

In eine andere, aber damit eng verbundene Diskussion kommt Bewegung: Das schlechte Image des Datenschutzes hat auch mit den Abmahnpraktiken in Deutschland zu tun. Der Jurist und Vorsitzende der Gesellschaft für Freiheitsrechte Ulf Buermeyer sagt, dass das eigentliche Problem darin bestehe, „dass es in Deutschland überhaupt die Möglichkeit gibt, vermeintliche Rechtsverletzungen abzumahnen und dafür die Anwaltskosten in Rechnung zu stellen. In praktisch allen anderen Rechtsordnungen würde in diesen Fällen entweder gar nichts passieren – oder es würde eine freundliche Mail geschickt, um den Fehler korrigieren zu lassen“ (Netzpolitik).

Nun will die Justizministerin gegen das Abmahnwesen vorgehen: „Wir werden professionellen Abmahnern das Wasser abgraben. Dafür brauchen wir eine umfassende Lösung“, sagte Barley auf handelsblatt.com. „Gerade kleine Unternehmen und Selbständige, aber auch Vereine und Privatpersonen brauchen einen wirksamen Schutz vor dem Treiben von professionellen Abmahnern.“

Überraschende Unterstützung für den Datenschutz kommt von Seiten der Betreiber: So kommt eine Studie des Borderstep Institut zum Ergebnis, dass der Datenschutz dazu geführt hat, dass der deutsche Markt für Rechenzentren wächst (GI-Webseite). Erkenntnisse wie diese helfen dem Datenschutz, aus der Defensive zu kommen.

Über die Autoren:

Alexander von Gernler ist Vize-Präsident der Gesellschaft für Informatik und Leiter der Forschung der genua GmbH. 2005 schloss er das Informatik-Studium an der FAU Erlangen mit dem Diplom ab. Er hat in den vergangenen fast 20 Jahren beeindruckende Initiativen entwickelt, mit denen er zentrale Themen der Informatik und ihre Auswirkungen in der Gesellschaft anspricht und konstruktiv verfolgt. Sein besonderes Engagement gilt der Freien Software und dem Schutz der Privatsphäre. Im Oktober 2014 wurde er als Junior-Fellow der GI ausgezeichnet.

Daniel Krupka ist Geschäftsführer der Gesellschaft für Informatik und Leiter des Büros in Berlin. Er pflegt für die GI den Kontakt zu Politik, Wirtschaft und Verbänden und fungiert als ihr Pressesprecher. Davor hat es das Hauptstadtbüro einer Kommunikationsagentur geleitet und Unternehmen, Institutionen und Marken in Fragen der Kommunikation beraten – v.a. aus den Bereichen Energie, IT und Digitalisierung. Er studierte Public Policy und Management an der Universität Konstanz, der Jiao Tong University in Shanghai (VR China) und der York University in Toronto (Kanada).