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Nachbericht

Big Chances, Big Challenges

Viel konnte bereits erreicht werden, einiges bleibt zutun: Ein Rückblick auf die Big Data Days 2018, die am 11. und 12. April im Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem Smart Data Forum sowie im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie stattfanden.

Quo vadis Big Data – unter diesem Motto begannen die Big Data Days am 11. April im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF): Prof. Dr. Wolf-Dieter Lukas, Leiter der Abteilung „Schlüsseltechnologien – Forschung für Innovationen“ im BMBF, gab in seiner Eröffnungsrede einen Einblick in die zahlreichen Aktivitäten des Ministeriums im Bereich Machine Learning, Big-Data-Analysen und Künstlicher Intelligenz, und unterstrich die erfolgreiche Förderung der Big Data Kompetenzzentren in Berlin, Dresden und Karlsruhe. An dieser wolle das Ministerium auch weiterhin festhalten und das Netzwerk zudem um ein weiteres Kompetenzzentrum in München mit dem Schwerpunkt auf Machine Learning erweitern.

Prof. Dr. Hannes Federrath, Präsident der Gesellschaft für Informatik (GI), ergänzte, dass heute nicht mehr die reinen Methoden der Datenauswertung, sondern vor allem ihre zweckorientierte Analyse – besonders unter ethischen Gesichtspunkten – im Blickfeld steht. Er betonte die Anforderungen an eine künftige „Data--Scientist“-Ausbildung, an deren Ausgestaltung die GI aktuell mitwirkt. Auch Prof. Dr. Dieter Fellner, Vorsitzender des Fraunhofer Verbunds IUK-Technologie, verdeutlichte in seinem Vortrag mehrere Herausforderungen an die weitere Forschung im Bereich Big Data: Die zunehmende Vielfalt, die Geschwindigkeit und das Volumen an Daten bringe auch höhere Anforderungen an die Datenqualität mit sich. Diese sind der Schlüssel für die erfolgreiche Nutzung von Big Data. Was die Big-Data-Kompetenzzentren des Bundesministeriums für Bildung und Forschung an dieser Stelle bereits leisten, wurde in kurzen Vorträgen deutlich: Beispielsweise bei der Unterstützung von Unternehmen, wie im Fall der Erfolgsgeschichte von Apache Flink des Berliner Big Data Centers oder bei der Zusammenarbeit mit der Wissenschaft, um etwa Grundlagenforschung voranzutreiben. Der Gesprächsmarktplatz bot allen Teilnehmenden dann Zeit, diese Themen näher mit den Vertretern der Kompetenzzentren sowie weiteren Förderprojekten von BMBF und BMWi zu diskutieren.

Andrea Martin von IBM Deutschland erläuterte, weshalb sie Innovationskraft und den Mut zur Umsetzung als entscheidende Komponenten sieht bei der Frage nach dem „Treiben oder getrieben werden?“. - Dabei gab sie aber auch Denkanstöße wie sinnvolle Grenzen und Richtlinien gezogen werden können, die sie beispielhaft an den drei Grundsätzen ihres Unternehmens zur Künstlichen Intelligenz darstellte: Zweckbindung, Transparenz und Einbeziehung aller Fertigkeiten. Im Anschluss wurde mit Blick auf die ersten Big Data Days im November 2013 ein Resümee gewagt. Dabei wurden nicht nur die Erfolge und der vermeintliche „Hype“ des Themas Künstliche Intelligenz diskutiert, sondern auch hervorgehoben, dass durchaus große technologische Fortschritte erzielt wurden und bereits viele, gerade auch mittelständische Unternehmen in Deutschland Big-Data-Lösungen anwenden. Die gesellschaftliche Debatte und das Wissen zur Anwendung müsse aber weiterhin vorangetrieben werden. An diesem Punkt setzte auch der Vortrag von Prof. Dr. Peter Dabrock an, der als Mitglied des Deutschen Ethikrats zur Rolle von Ethik bei Big Data sprach. Auch wenn es viele definitorische Unschärfen gäbe, bewerte er den Diskurs und die Aufmerksamkeit für Big Data und Künstliche Intelligenz in der Öffentlichkeit grundsätzlich positiv.
 
In der anknüpfenden Diskussion mit weiteren Expertinnen und Experten wurde hervorgehoben, wie Unternehmen durch einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten dazu beitragen, dass nicht nur das Vertrauen in ihre Angebote gestärkt, sondern damit auch automatisch die Akzeptanz für neue Technologien gesteigert wird. Hier besteht etwa nach Ansicht von Marit Hansen, der Landesbeauftragten für Datenschutz in Schleswig-Holstein, die Chance, dass die von der Datenschutzgrundverordnung geforderten datenschutzfreundlichen Voreinstellungen zu einer besseren allgemeinen Akzeptanz der Verarbeitung von Daten beitragen.

Am zweiten Tag lag der Fokus auf der wirtschaftlichen Nutzung von Daten. Dr. Andreas Goerdeler griff in seiner Rede am Beispiel der vier Anwendungsfelder Mobilität Energie, Industrie und Gesundheit die geförderten Projekte des Smart Data Programms auf: Erfolge wie der mögliche Einsatz der im Projekt iTESA- entwickelten Lösung bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio zeigen, dass es vielen Projekten gelungen ist, kommerziell nutzbare Ergebnisse zu erzielen. Gleichzeitig betonte der Leiter der Unterabteilung „Nationale und europäische Digitale Agenda“ im BMWi die Wichtigkeit der flankierenden Themen, etwa die gesellschaftliche Akzeptanz von Big Data, die Veränderung von Arbeitsplätzen und Fragen zum Datenzugang, die auch in den Fachgruppen des Smart-Data-Programms bearbeitet wurden. Den Wert der Daten als essenzielle Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg unterstrich anschließend Jiri Pilar von der Europäischen Kommission und stellte die Pläne für den Aufbau einer europäischen Datenökonomie vor.

Matthias Patz von der Deutschen Bahn AG zeigte mit dem Smart-Data-Projekt Smart Data for Mobility (SD4M), wie der DB Konzern bereits verschiedenste Infrastrukturdaten dazu nutzt, das Angebot zu verbessern, in dem etwa Störungen schneller erkannt und effektiver behoben werden können. Dabei betonte auch er den hohen Stellenwert eines sicheren Umgangs mit den erhobenen personenbezogenen Daten. Andreas Wesselmann von SAP widmete sich intensiver den Chancen der immer weiter zunehmenden Vernetzung – und setzte dafür als Prämisse: „Think big, start small but start now!“

Auf dem Panel “ Smart Data für die Wirtschaft und die Bedeutung von Vertrauen, Schutz und Sicherheit“ wurden diese Faktoren u.a. am Beispiel des Smart-Data-Projekts sd-kama (Smart-Data-Katastrophenmanagement) diskutiert. Die beiden Projektbeteiligten Dr. Marlene Willkomm und Prof. Dr. Beatrix Weber illustrierten, wie herausfordernd bereits von Projektbeginn an die Entwicklung einer sicheren und vertrauenswürdigen Smart-Data-Anwendung im Hochwassermanagement war. Durch eine frühzeitige und stete Auseinandersetzung mit IT- und datenschutzrechtlichen Fragen, habe das Projekt nun keine Probleme mit der Anwendung der Datenschutzgrundverordnung – diese wurde von Anfang an mitgedacht. Dies unterstrich Rechtsanwältin Monika Menz explizit auch als Chance: Wenn etwa Gebote der Datensparsamkeit dazu führen, dass dadurch auch eine höhere Datenqualität erzielt wird, kann dies sogar den wirtschaftlichen Mehrwert steigern – der Datenschutz als explizites Qualitätsmerkmal. Auch der Einsatz von unterstützenden Tools, die automatisch Lösungen vorschlagen, wurde auf dem Podium diskutiert. Zustimmend merkte Dr. Kim Nguyens an, dass Vertrauen als das entscheidende „Schmiermittel“ für die mit Daten betriebenen Maschinen des 21. Jahrhunderts seien. Der Journalist Dr. Holger Schmidt sprach über den Status Quo und die möglichen Chancen der Plattformökonomie und stellte dabei klar, dass die Plattformökonomie über vermeintliche Großhandelsfunktionen weit hinaus reicht. Das wurde auch in der nachfolgenden Diskussion deutlich. Zudem wurde hinterfragt, ob Plattformen essenziell sind, um Netzwerkeffekte tatsächlich nutzen zu können – oder dies möglicherweise besser durch andere Technologien wie Blockchain möglich ist oder wird.

Dr. Ramin Assadollahi von der ExB GmbH analysierte in seinem Vortrag die Chancen der Künstlichen Intelligenz mit besonderem Augenmerk auf den Einfluss von Arbeitsplätzen: Am Beispiel der 1,5 Millionen wissenschaftlichen Artikel, die jährlich publiziert, aber nur 280 davon tatsächlich von Expert*innen gelesen werden, machte der Unternehmer deutlich, wie etwa personalisierte Texterfassung dazu beitragen kann, dass Wissenschaftler für sie interessanten Input direkter erfassen können.

Das bestätigte sich auch auf dem abschließenden Panel, bei dem das Zusammenspiel von Big Data und künstlicher Intelligenz im Mittelpunkt stand. Dabei wurde sowohl über die Chancen als auch die Herausforderungen beim Einsatz von maschinellen Lernverfahren diskutiert.

Dr. Alexander Tettenborn, Leiter des Referats „Entwicklung digitaler Technologien“ im BMWi, bedankte sich bei allen Beteiligten und schloss mit den Worten: „Die Zukunft hat begonnen! Big Data läuft! Jetzt liegt es an uns, neue Forschungsfelder zu definieren!“

Fotos und Videos zu dieser Veranstaltung finden Sie hier.