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Meldung

GI warnt in offenem Brief vor der E-Evidence-Verordnung

Gemeinsam mit 12 weiteren zivilgesellschaftliche Organisationen wendet sich die GI in einem offenen Brief an die Abgeordneten des EU-Parlaments, um vor der E-Evidence-Verordnung zu warnen. Sie fordern zunächst eine Evaluation der Europäischen Ermittlungsanordnung.

Mit der Verordnung könnten nationale Strafverfolger EU-weit Provider zwingen, Daten herauszugeben – ohne dass das Land, in dem der Provider sitzt oder die Daten gespeichert sind, mitentscheidet. Zum Beispiel müssten E-Mail-Dienste oder Messenger Verbindungsdaten und sogar Inhalte von Nachrichten herausgeben. Dabei ist nicht erforderlich, dass die Tat, wegen der ermittelt wird, in dem Staat, in dem der Provider sitzt oder in dem der Beschuldigte lebt, überhaupt eine Straftat ist.

„Der Vorschlag nimmt Staaten die Möglichkeit, die Grundrechte ihrer Bürger zu schützen. Er höhlt das europäische Datenschutzrecht aus und droht, das bestehende internationale System der Rechtshilfe in Strafsachen zu beschädigen,“ heißt es in dem offenen Brief.

Die Organisationen kritisieren weiter, dass politische Verfolgung über Staatsgrenzen hinweg durch den Verzicht auf beidseitige Strafbarkeit erleichtert erleichtert wird. Durch ein Partnerschaftsabkommen mit den USA, das die EU-Kommission seit September formal verhandelt, könnte gar ein Datenzugriff durch außereuropäische Behörden ermöglicht werden. „Internet-Dienstanbieter in Deutschland dürfen von außereuropäischen Strafverfolgern nicht gezwungen werden, Daten und Informationen zu Vorgängen herauszugeben, welche hierzulande legal sind", so Alexander von Gernler, Vizepräsident der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI).

Auch Berufsgeheimnisse und Zeugnisverweigerungsrechte werden nicht geschützt. So können auch anwaltliche, journalistische oder ärztliche Tätigkeiten betroffen sein. „Die Verhandlungen über ein Partnerschaftsabkommen mit den USA führen im schlimmsten Fall zur Echtzeit-Überwachung unserer Online-Kommunikation durch die Ermittlungsbehörden. Presse- und Meinungsfreiheit sind gefährdet“, so von Gernler weiter.

Vieles spricht gegen die Notwenigkeit der E-Evidence-Verordnung: Mit der Europäischen Ermittlungsanordnung schuf die EU erst vor wenigen Jahren ein Instrument, dass grenzüberschreitende Strafverfolgung erleichtert. Eine Evaluation fand bis heute nicht statt.

Nachdem die Kommission den Entwurf zur E-Evidence-Verordnung im April 2018 auf den Weg gebracht hatte, votierte Deutschland im Dezember 2018 dagegen, wurde aber überstimmt. Derzeit erarbeitet der Ausschuss des europäischen Parlaments für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) einen Bericht. Mit den Verhandlungen über ein transatlantisches Partnerschaftsabkommen übergeht die Kommission das Parlament, welches sich noch nicht auf einen Standpunkt festgelegt hat.

Link zum offenen Brief (pdf)

 

Alexander von Gernler, Vizepräsident der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI)