Zum Hauptinhalt springen
Pressemitteilung

Gegen Überwachung digitaler Kommunikation in Europa

Der Präsidiumsarbeitskreis ‚Datenschutz und IT-Sicherheit‘ der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) lehnt das Vorhaben der EU-Kommission, Provider zur anlasslosen Überwachung aller Kommunikationsinhalte unbefristet zu verpflichten, entschieden ab.

Mit der geplanten Regelung verstößt die EU-Kommission gegen die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger, die in der Europäische Grundrechtecharta (GRCh) garantiert werden: insbesondere Artikel 7 (Achtung des Privat- und Familienlebens), Artikel 8 (Schutz personenbezogener Daten) und Artikel 11 (Meinungsäußerungsfreiheit und Informationsfreiheit) garantieren grundsätzlich vertrauliche Kommunikation. Eine derartige Überwachung legt auch die verschlüsselte und unverschlüsselte Kommunikation von Unternehmen, Behörden offen – ebenso von Medienschaffenden und ihren Informantinnen und Informanten.

Hartmut Pohl, Sprecher des Präsidiumsarbeitskreises: „Vollständige anlasslose Überwachung der digitalen Kommunikation ist der falsche Weg, schwere Kriminalität zu erkennen und bekämpfen. Die bisherigen Verlautbarungen der Kommission beziehen sich auf jede digitale Kommunikation. Will die EU-Kommission dazu auf eingebaute Hintertüren verzichten, gibt es nach dem Stand der Technik nur die ‚heimliche Online-Durchsuchung‘ – sogenanntes ‚client-side scanning‘ – der Endgeräte beispielsweise durch Staatstrojaner mit der Durchsuchung aller Speicherinhalte aller Clients und Server. Dies verstößt allerdings ebenfalls gegen die europäischen Grundrechte. Dabei steht außer Frage, dass Kindesmissbrauch als schreckliches Verbrechen mit allen zur Verfügung stehenden polizeilichen Ermittlungsmöglichkeiten bekämpft werden muss.“

Zum Hintergrund:

Die EU-Kommission plant, zum Schutz vor der Verbreitung von Kinderpornographie, die Anbieter von Kommunikationsdiensten (E-Mail, Messaging, Videokonferenzen etc.) zeitnah zur Erkennung, Entfernung und Meldung illegaler Online-Inhalte zu verpflichten.

Am 6. Juli 2021 hatte das EU-Parlament bereits einer auf 3 Jahre befristeten Regelung zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch im Internet zugestimmt, die das freiwillige Scanning von Kommunikationsinhalten erlaubt. Nach Auffassung der GI war dies bereits eine Aufweichung der seit 2002 geltenden Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (2002/58/EG) und verstößt gegen die Europäische Grundrechtecharta (GRCh), insbesondere gegen Artikel 7 (Achtung des Privat- und Familienlebens), Artikel 8 (Schutz personenbezogener Daten) und Artikel 11 (Meinungsäußerungsfreiheit und Informationsfreiheit): diese garantieren grundsätzlich vertrauliche Kommunikation. Dennoch möchte die Kommission die befristete Regelung in eine dauerhafte überführen.

Weitere Informationen:

Zur englischen Übersetzung der Meldung.

Prof. Dr. Hartmut Pohl, Sprecher Präsidiumsarbeitskreis IT-Sicherheit und Datenschutz der Gesellschaft für Informatik